Vertriebsbeschränkungen
Mitunter verweigern Hersteller Einzelhändlern die Belieferung. Dabei berufen sie sich auf sog. selektive Vertriebssysteme. Oftmals sind hiervon Online-Händler betroffen. Einige Hersteller wollen es nicht akzeptieren, dass ihre Waren bei eBay etc. angeboten werden.
Dahinter steht meist die Sorge, dass das Markenimage beschädigt wird oder schlicht die Preise zu sehr gedrückt werden. Immerhin hat ein reiner Online-Händler viel geringere Kosten, als der Betreiber eines Ladengeschäftes, der die Ladenmiete zahlen muss und Verkäufer beschäftigt. Wenn Markenware sodann im Internet viel günstiger angeboten wird, müssen auch die Ladenbetreiber nachziehen. Oftmals können sie dann nicht länger kostendeckend verkaufen.
Luxusmarken werden zudem nicht zuletzt über den besonders hohen Preis definiert. Wenn sie bei eBay billig als Restposten “verramscht” werden, verlieren sie mittelfristig den Ruf eines Luxusgutes.
So sehr man das Interesse des Herstellers, sein Markenimage und seine Fachhändler zu schützen, nachvollziehen kann, so sehr leuchtet es auch ein, dass viele Online-Händler sich durch eine solche Vertriebspolitk diskriminiert fühlen. Insbesondere bietet der seriöse Onlinehandel eine ebenso gute Beratung wie der Fachhändler vor Ort.
Es stellt sich damit die Frage, wann ein Hersteller die Belieferung bestimmter Händler verweigern darf und wann er – notfalls im Klageweg – zu einer Lieferung gezwungen werden kann.
Grundsätzlich gilt auch im Großhandel die Vertragsfreiheit. Sie besagt unter anderem, dass ein Unternehmen frei darin ist, zu entscheiden, mit wem es Verträge schließen will und mit wem es keine Vertragsbeziehungen eingehen möchte. Grundsätzlich gibt es also keine Pflicht, einen bestimmten Händler mit Waren zu beliefern.
Eine Ausnahme hierzu formuliert das Kartellrecht für sog. marktstarke Unternehmen. Wenn ein Hersteller eine besonders dominate Position am Markt innehat – etwa deutlicher Marktführer ist – dann ist ein Händler, der die Produkte dieses Herstellers nicht führt, gegenüber seiner Konkurrenz stark benachteiligt. Ein Getränkefachhandel etwa, der keine Coca-Cola verkaufen kann, wird es sehr schwer haben, sich am Markt durchzusetzen. Ein Handyverkäufer, der von Nokia nicht beliefert wird, wird kaum ein Bein auf den Boden kriegen. Die Käufer erwarten von Fachhändlern, dass diese bestimmte Marken im Sortiment haben.
Würde man es Marktführern eines Segmentes erlauben, frei darüber zu befinden, wen sie in ihr Vertriebssystem aufnehmen, könnten diese Hersteller die Struktur des Einzelhandels mitbestimmen. Sie könnten es Konkurrenten ihrer Vertriebspartner unmöglich machen, mit diesen in den Wettbewerb zu treten. Die Hersteller könnten also den Wettbewerb in einem Segment aktiv steuern.
Dies verhindert aber das Kartellrecht. Es will Wettbewerbsverzerrungen unterbinden. Notfalls auch dadurch, dass marktstarke Unternehmen gezwungen werden, Händler zu beliefern. Händler können also auf Basis des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ihre Belieferung einklagen.
In bestimmten Fällen läßt die Rechtsprechung jedoch auch bei Marktführern ein selektives Vertriebssystem zu.
Zum einen sind hier Luxusmarken zu nennen. Wenn der Wert des Markenproduktes ganz überwiegend durch sein Image als Edelmarke gebildet wird, muss es dem Hersteller gestattet sein, das Verkaufsumfeld entsprechnd zu beeinflussen. Wenn Luxusprodukte von Discountern ohne Beratung auf Paletten abverkauft werden oder gar auf Resterampen verschleudert werden, nimmt der Markenwert sehr schnell immensen Schaden. Danach ist das Parfum mit der Nummer 5 nur noch eine Flüssigkeit mit süßlichem Geruch. Mehr nicht.
Zum anderen können Hersteller von Ihren Vertriebspartnern besondere Befähigungen verlangen, wenn es beim Verkauf hierauf erkennbar ankommt. Nicht ohne Grund haben Autohäuser regelmäßig eine angeschlossene KFZ-Werkstatt. Die Hersteller erwarten von Ihren Händlern, dass diese auch den Service übernehmen können. Wann der Verkauf von Markenartikeln eine bestimmte Befähigung verlangt und wann man unterstellen muss, dass jeder eine bestimmte Ware fachgerecht vertreiben kann, ist im Einzelfall zu prüfen. In den Grenzbereichen weicht die Rechtsprechung stark voneinander ab. So hat das Landgericht Berlin angenommen, der Marktführer im Segment Schulranzen, dürfe einem eBay Händler die Lieferung nicht verweigern. Das OLG Karlsruhe war demgegenüber der Ansicht, eben dieser Hersteller könne eBay Händlern sehr wohl eine Absage erteilen, vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.11.2009, Az. 6 U 47/08 Kart.